Jeder Flug in der Luftfahrt findet – genauso wie auch die Teilnahme am Straßenverkehr – nach festgelegten Regeln statt. Um die Unterschiede zwischen den gängigen Flugregeln etwas zu verdeutlichen hat unser Gastautor Matthias versucht, die Flugregeln anhand von bekannten Beispielen z.B. aus dem Straßenverkehr zu verdeutlichen.
Was sind Flugregeln?
Flugregeln bezeichnen ganz simpel, was ein Pilot darf, was er nicht darf und unter welchen Bedingungen ein Flug stattfinden darf. Hier unterschiedet man grundlegend zwischen VFR (Visual Flight Rules) und IFR (Instrument Flight Rules). Um diese beiden unterschiedlichen Flugregeln grob zu unterscheiden benötigt man nicht viel: Sichtflug bedeutet, dass während des Fluges immer eine Sicht nach draußen gegeben sein muss. Bei einem Flug nach Instrumenten kann sich der Pilot (fast vollständig) nur mit den Instrumenten zurecht finden und benötigt keine Sicht nach draußen (z.B. bei einem Flug durch die Wolken). Der Flug nach Instrumenten ist deutlich aufwendiger und bedarf außerdem einer speziellen Weiterbildung.
VFR – Die Sichtflugregeln
Die meisten Flüge in der allgemeinen Luftfahrt finden unter VFR statt. In der Ausbildung zum Privatpiloten fliegt man grundsätzlich nur nach den Sichtflugregeln. Ausnahmen sind (je nach Lizenz) wenige simulierte Flugmanöver ohne Sicht nach draußen um in Notsituationen entsprechende Manöver auch ohne visuellen Bezugspunkt durchführen zu können.
Der Sichtflug ähnelt in seinem Grundsatz dem normalen Autofahren. Ohne etwas zu sehen, kann man nicht fahren/fliegen. In der Luftfahrt sind zusätzlich, je nach Luftraum (auf die Luftraumstrukturen möchte ich in diesem Artikel nicht weiter eingehen), beispielsweise horizontale und vertikale Abstände zu Wolken, Mindestflughöhen und andere Vorgaben festgelegt. So gibt es beispielsweise wie beim PKW ein „rechts vor links“. Auch die sogenannte Platzrunde an einem Flugplatz lässt sich mit einem bekannten Vorkommen vergleichen: dem Kreisverkehr. Eine Platzrunde befindet sich immer an einem Flugplatz, üblicherweise liegen diese 1000 Fuß (ca. 300 Meter) über dem Boden und werden grundsätzlich immer in Linkskurven geflogen. Der in der Platzrunde befindliche Verkehr hat ebenso „Vorfahrt“, genau wie in einem Kreisverkehr. Einfliegende Flugzeuge müssen sich, ohne die in der Platzrunde befindlichen Flugzeuge zu behindern, einordnen.
IFR – Die Instrumentenflugregeln
In Deutschland ist der Anteil an Instrumentenflugberechtigungen unter Privatpiloten sehr gering. Knapp 4% aller Privatpiloten, also Inhaber einer Privatpilotenlizenz, haben eine Instrumentenflugberechtigung. Oft sind die Gründe hierfür einfach: Zum einen möchte man als Privatpilot bei schönem Wetter fliegen (und somit kann man nach Sichtflugregeln fliegen) und zum anderen ist die Ausbildung zum Instrumentenflug sehr aufwendig und mit hohen Kosten verbunden. So kostet die Ausbildung ca. nochmal den gleichen Betrag, den bereits die gesamte Privatpilotenlizenz gekostet hat.
Welche Vorteile hat man nun von einem Flug nach Instrumentenflugregeln? Im Gegensatz zu einem Flug nach Sichtflugregeln ist man beim Instrumentenflug fast vollkommen wetterunabhängig. Tiefe Wolken halten so z.B. nicht von einem Flug ab, da man berechtigt ist diese zu durchfliegen. Der Instrumentenflug hört sich für Passagiere oft etwas abstrakt an. Daher mal ein Vergleich der vielleicht etwas geläufiger ist:
Setzen Sie sich in Ihren PKW und kleben Sie die Windschutzscheibe so ab, dass sie absolut nichts mehr von draußen sehen. Sie bekommen nun ein Funkgerät und es erklärt ihnen jemand, wie sie fahren müssen, um keinen Unfall zu bauen.
Ähnlich verhält es sich in einem Flugzeug. Ohne visuellen Bezugspunkt ist der Pilot auf seine Navigationsinstrumente angewiesen und wird vollständig von Fluglotsen überwacht und geleitet. Hierfür muss der Pilot vor Antritt des Fluges eine exakte Route planen und sich diese Route vor dem Flug von der Flugsicherung genehmigen lassen. Ist die Route genehmigt darf der Pilot diese abfliegen. Jede noch so kleine Abweichung von der ursprünglich geplanten Route bedarf einer expliziten Genehmigung der Flugsicherung.
Plant man einen Ausflug zu einem anderen Ort ist also die Wahrscheinlichkeit der Ausführung eines Fluges bei einem Flug nach Instrumentenflugregeln deutlich höher.
Ein direkter Vergleich
Fliegt man beim Sichtflug zwar nach Regeln aber größtenteils frei in der Route, so wird beim Instrumentenflug jede noch so kleine Änderung der Route streng kontrolliert und bedarf einer vorherigen Genehmigung.
Vergleichen wir dies wieder mit dem Straßenverkehr, so ist der Sichtflug vergleichbar mit einer Wochenendausfahrt im Cabrio durchs Bergische. Man weiß zwar wo man entlang fahren will, orientiert sich aber nach Straßenschildern und fährt hier oder da mal einen Umweg oder eine Abkürzung. Der Instrumentenflug gleicht eher dem Weg zu einem bestimmten Ziel, wobei man mit Navi fährt und jede noch so kleine Änderung von der Route erst erbitten muss.
Für einen Rundflug über seiner Heimat oder einer faszinierenden Großstadt würde vermutlich kein Pilot einen Flug nach Instrumentenflugregeln planen.
Wenn das Wetter jedoch mitspielt wäre es im Gegensatz möglich, nach Sichtflugregeln von Köln nach Paris zu fliegen. Sollte man aber auf der Route auf Wolken stoßen die man nicht umfliegen kann, müsste man umkehren und den Flug entweder später fortsetzen oder sogar abbrechen und zurück fliegen. Fliegt man bei fantastischem Wetter aber von Köln nach Paris nach Instrumentenflugregeln, genießt man trotzdem eine wundervolle Aussicht. Die zuvor geplante Route würde sich vermutlich unwesentlich vom Flug nach Sichtflugregeln unterscheiden. Dafür könnte man bei aufkommenden Wolken einfach weiter seiner Route folgen.
Für welchen Flug welche Regeln?
Grundsätzlich kann man zusammenfassend sagen: Rundflüge finden logischerweise meist nach Sichtflugregeln statt.
Streckenflüge können sowohl nach Sichtflugregeln als auch nach Instrumentenflugregeln durchgeführt werden. Bei einem Flug nach Instrumentenflugregeln hat man jedoch durch die geringere Wetterabhängigkeit eine höhere Wahrscheinlichkeit, dass der Flug stattfinden kann.
Der Autor
Matthias Mühmel, begeisterter Privatpilot und Wingly Nutzer der Stunde 0. Seine Flüge lassen sich hier finden.
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