Wenn ich von meinem Hobby, der Fliegerei, erzähle, werden mir immer viele Fragen gestellt. Ich freue mich darüber, denn es gibt mir die Gelegenheit, meine Leidenschaft für dieses Thema zu teilen und einen Einblick in die – gar nicht so geheimnisvolle – Welt der Kleinfliegerei zu geben.
1. Musst du deine Flüge vorher anmelden oder kannst du einfach losfliegen?
Die einfache Antwort lautet: Nein, das muss man nicht. Wann habt ihr denn das letzte Mal eure Autofahrt von zu Hause zu euer Großtante bei der Verkehrspolizei angemeldet? Eben.
Die detailliertere Antwort ist etwas komplizierter: Kommt drauf an. Beim Fliegen nach Sichtflugregeln (was auf die meisten von Privatpiloten durchgeführten Flüge zutrifft) muss man einen Flug vorher grundsätzlich nicht anmelden und benötigt auch keine Genehmigung oder Freigabe. Nach dem Motto „Sehen und gesehen werden“ kann jeder sich frei durch den Luftraum bewegen, solange die „Verkehrsregeln“ eingehalten werden. Wer an einem Flugplatz landen möchte, meldet sich einfach kurz vorher per Funk aus der Luft an. Doch es gibt Ausnahmen: In bestimmte (sogenannte kontrollierte) Lufträume darf man nur einfliegen, wenn man sich per Funk vorher eine Freigabe eingeholt hat. Das ist zum Beispiel rund um Verkehrsflughäfen so. An diesen Flughäfen benötigt man auch eine Start- und Landefreigabe, die man ebenfalls über Funk bekommt. Manche Flugplätze sind auch „PPR“ (Prior permission required) – hier muss vor dem Flug eine telefonische oder schriftliche Landegenehmigung eingeholt werden. Flüge bei Nacht oder ins Ausland müssen außerdem vorab bei der Flugsicherung angemeldet werden (das nennt man „Flugplan aufgeben“). Flugplanpflicht gilt außerdem für alle Flüge nach Instrumentenflugregeln.
2. Du musst doch auch eine bestimmte Stundenzahl fliegen, um deinen Flugschein zu erhalten, oder?
Ich weiß wirklich nicht, warum diese Frage immer eine der interessantesten zu sein scheint, aber sie ist wirklich ein Dauerbrenner. Ja, die Fluglizenz (genauer gesagt, das Class Rating für einmotorige Landflugzeuge) muss alle zwei Jahre verlängert werden. Dafür muss man in den 12 Monaten vor der Verlängerung 12 Stunden geflogen sein und einen einstündigen Übungsflug mit einem Fluglehrer absolviert haben.
Wer aber nur dieses Minimum erfüllt, ist meiner Meinung nach nicht ausreichend in Übung. Fliegen muss man laufend trainieren. 20 bis 30 Stunden im Jahr sollten es schon sein, und das möglichst regelmäßig. Und: Den Flugschein macht man ja, um ihn zu nutzen, nicht um ihn zu haben. Wir WOLLEN ja fliegen, und zwar so viel wie möglich! Deshalb verwundert mich diese Frage immer wieder.
3. Wie bist du zum Fliegen gekommen?
Diese Frage wird natürlich jeder Pilot anders beantworten, aber ein verbindendes Element gibt es mit Sicherheit: Die Sehnsucht danach, die Welt von oben zu sehen, und die Faszination, die sich aus der Kombination von emotionalem Naturerlebnis und intellektueller Herausforderung im Umgang mit Technik, Wetter, Navigation, Funkkommunikation usw. ergibt.
Ich persönlich habe Flugzeuge immer faszinierend gefunden und bin schon als Kind gerne in den „großen“ Maschinen geflogen. Als ich während meines Studiums nebenbei am Flughafen jobbte, fiel schließlich die Entscheidung: Ich möchte die Flieger nicht nur starten und landen sehen, sondern das auch selbst tun! Ursprünglich wollte ich auch beruflich fliegen, habe mich aber letztlich dagegen entschieden. Und mit dieser Entscheidung bin ich heute glücklich, denn jetzt habe ich das tollste Hobby der Welt.
4. Ist das nicht alles wahnsinnig teuer? Wie kannst du dir das leisten?
Um es offen zu sagen: Ja, Fliegen ist kein günstiges Hobby. Aber Segeln und Reiten auch nicht. Am Ende ist es eine Frage der Prioritäten: Viele Piloten verzichten für ihre Leidenschaft auf manch andere Bequemlichkeit. Ich bin zum Beispiel jahrelang mit dem Fahrrad zum Flugplatz gefahren, weil ich mein Auto verkauft hatte, um die Fluglizenz machen zu können. Die wenigsten Privatpiloten erfüllen das Klischee vom „dekadenten Snob“, das viele im Kopf haben. Privatpiloten sind Menschen wie du und ich, die ihrer Leidenschaft nachgehen. Und trotzdem häufig das Gefühl haben, ihr Hobby aus finanziellen Gründen nicht in dem Umfang ausüben zu können, wie sie es gerne würden. Umso schöner ist es, wenn wir interessierte Mitflieger finden, die sich mit uns die Kosten eines Flugs teilen möchten!
5. Hattest du schon mal eine kritische Situation?
Auch diese Frage muss natürlich jeder Pilot für sich beantworten. Für mich kann ich sagen: Einen wirklichen Notfall (zum Beispiel Motorausfall) hatte ich zum Glück noch nie. Aber durchaus ein paar Situationen, bei denen ich mir hinterher gedacht habe: Das hätte ich anders machen müssen, weil es potenziell zu einer kritischen Situation hätte führen können.
Das mag erschreckend klingen. Aber Piloten sind auch Menschen, und Menschen machen Fehler. Man hat das in der Fliegerei zum Glück schon vor langer Zeit erkannt und über die Jahrzehnte Maßnahmen entwickelt, die zum einen die Wahrscheinlichkeit von Fehlern reduzieren und zum anderen dafür sorgen, dass Fehler – wenn sie schon passieren – keine gravierenden Auswirkungen haben. Die Luftfahrtgeschichte zeigt nämlich auch, dass Unfälle immer dann passieren, wenn sich mehrere Fehler verketten. Der einzelne Fehler selbst ist meistens nicht kritisch.
Solche Maßnahmen sind zum Beispiel das Verwenden von Checklisten, die saubere Vorbereitung und Dokumentation von Flügen und die ständige Überwachung und Überprüfung der eigenen Handlungen im Cockpit (bzw. beim Zwei-Personen-Cockpit die Kontrolle des jeweils anderen Piloten). Auch technische Maßnahmen wie die Verwendung von redundanten Systemen (z.B. ein Ersatzinstrument für den Fall, dass das Hauptinstrument ausfällt) helfen, die Auswirkung von Fehlern und Ausfällen zu reduzieren. Und natürlich Üben, Üben, Üben: Notverfahren (wie z.B das Verhalten bei einem Motorausfall) sollten regelmäßig trainiert werden.
Am wichtigsten dabei ist der offene Umgang mit Fehlern. Aus den eigenen Fehlern und denen anderer kann man viel lernen. Deshalb ist es wichtig, über Fehler zu sprechen und sie nicht unter den Teppich zu kehren. Das gelingt in der Luftfahrt inzwischen sehr gut, jedenfalls besser als in allen anderen Bereichen, die ich kenne (denen eine offenere Fehlerkultur häufig auch guttun würde).
Fotos von Tobi Schnorpfeil (Instagram)
6. Hast du ein eigenes Flugzeug?
Wie die meisten Privatpiloten besitze ich kein eigenes Flugzeug. Aber natürlich träume ich davon, mir irgendwann eines zu kaufen oder zumindest mit einem kleinen Kreis Gleichgesinnter zu teilen (Haltergemeinschaft). Wer kein eigenes Flugzeug besitzt oder Teil einer Haltergemeinschaft ist, hat zwei Möglichkeiten:
- Mitgliedschaft in einem Flugverein, der Flugzeuge besitzt. Die kann man dann zu günstigeren Konditionen als auf dem „freien Markt“ chartern. Dafür müssen häufig Pflichtarbeitsstunden geleistet werden, und die Flugzeuge müssen nach jedem Flug selbst gereinigt und betankt werden.
- Flugzeuge bei kommerziellen Vercharterern oder Flugschulen mieten. Hat den Vorteil, dass man den Flieger vollgetankt und flugfertig „hingestellt“ bekommt und hinterher einfach wieder abgeben kann, ohne sich um Reinigung und Betankung Gedanken machen zu müssen. Außerdem fallen keine Verpflichtungen wie bei einer Vereinsmitgliedschaft an. Nachteil: Die Charterpreise sind meistens deutlich höher.
Auf mich trifft die erste Option zu. Ich war schon immer gerne Mitglied in Flugvereinen, weil man dort auch gleich andere Piloten kennenlernt, mit denen man seine Leidenschaft teilen kann.
7. Was darfst du fliegen und wie viele Personen kannst du mitnehmen?
Das hängt natürlich davon ab, was für eine Lizenz man hat – gängige Optionen für die Motorfliegerei sind die Lizenz für Ultraleichtflugzeuge, die Light Aircraft Pilot License (LAPL) und die Private Pilot License (PPL) (siehe https://de.wingly.io/index.php?page=content&sub_page=how-to-become-pilot#lizenz). Die UL-Lizenz erlaubt das Fliegen von kleineren, zweisitzigen Flugzeugen bis 472,5kg maximale Startmasse. Mit der LAPL und PPL sind größere einmotorige Flugzeuge mit mehr Sitzplätzen möglich (mit der LAPL bis zwei Tonnen maximales Abfluggewicht und 6 Sitzplätze, bei der PPL sogar ohne Begrenzung). Also das, was man landläufig unter „Cessna“ versteht, auch wenn das nur ein Hersteller unter vielen ist.
Ultraleichtflugzeuge haben immer höchstens 2 Sitze (also 1 Pilot + 1 Passagier). Mit einer LAPL kann man bis zu 3 Passagiere mitnehmen, mit einer PPL sogar noch mehr. Die meisten gängigen Flugzeugtypen in der Privatfliegerei haben aber 2 oder 4 Sitzplätze, also Platz für 1-3 Passagiere. Dabei muss man allerdings beachten, dass viele Flugzeugtypen bei vollen Tanks und maximaler Personenzahl schon überladen sind. Hier muss also vor dem Start genau gerechnet werden – und im Zweifelsfall wird weniger getankt oder ein Passagier muss am Boden bleiben und bei der nächsten Runde mitfliegen.
Der Autor
Jan Fees hat seit 2004 seine Privatpilotenlizenz (PPL), ist seitdem in vielen Ländern Europas sowie in Südafrika, Marokko und Ecuador geflogen und absolviert derzeit seine IFR-Ausbildung. Seit einigen Jahren ist er auch als freier Autor für die Pilotenzeitschrift fliegermagazin tätig. Das Schönste am Fliegen ist für ihn, immer wieder neue Orte von oben entdecken zu können und dieses Glück mit anderen zu teilen.
3 Comments
Alles sehr schön erläutert.
Alles richtig, was er sagt. Aber ich finde auch, dass es seine (vielleicht auch etwas beschränkte Sichtweise) ist. Nicht jeder Privatpilot betreibt dieses Hobby als Hobby Nr. 1, indem er immer und immer mehr will. Nach Afrika fliegen, IFR usw.
Es ist wie bei allen Hobbies: Man kann ihm intensiver oder weniger intensiv nachgehen.
Daher ist die Frage, wie viele Stunden man zum Ratingerhalt braucht auch vollkommen angemessen:
Viele wollen wissen, inwieweit sie sich dem Hobby verpflichten müssen oder frei bleiben können, ohne gleich alles verfallen zu lassen.
Und um hin und wieder mal ein paar Rundflüge zu machen und Spaß zu haben, lässt es sich mit dieser 12Std und 12 Landungen im letzten Jahr Regelung, sehr frei und ungebunden dem Hobby nachgehen, auch wenn es nur das 2. oder 3. Hobby ist. Oder man beruflich/familiär sehr eingespannt ist.
Nach längerer Abstinenz macht man eben ne Auffrischung mit dem Fluglehrer bzw. tastet sich wieder an alles ran. Letztenendes ist es wie Fahrradfahren, komplett verlernt man es nie, nach nem Jahr Pause, kann aber aber halt keine Tour de France mitfahren.
Fliege seit über 50 Jahren und bin eit cs 25 Jahren als Fluglehrer (UL; LAPL; PPL A) tätig und muss dem Autor bestätigen alles sehr schön und sachlich sowie wirklichkeitsnah erläutert.